post Kategorie: Spirit of the Game post Kommentare (2) post13. Februar 2015

Skydmagazine-logoAuf skydmagazine.com behandelt Martin Gottschalk die für den Sport Ultimate sehr wichtige Frage, wie wir mit Betrügern umgehen. Betrug ist ein hartes Wort für „Cheaten“, doch solche Leute tauchen auf, sie schwindeln, sie mogeln, sie hintergehen den Gedanken des Spiels, kurz sie spielen falsch! Sein Credo ist, sie auf die vereinbarte Ebene der Kommunikation zurückzuholen.

Er betrachtet das Betrügen als ein soziales Phänomen, das nicht ignoriert werden sollte, sondern dem er sich ernsthaft zuwenden möchte. Es handelt sich dabei um eines der schlimmsten Vergehen, das Spieler dem Sport Ultimate antun können. Denn dieser beruht genau auf dem erklärten Willen und der Übereinkunft aller, den Fortgang des Spiels nach bestem Wissen und Gewissen selbst zu regeln und durch diese übertragene Aufgabe mitzuverantworten.

Martin Gottschalk verweist auf den Politsoziologen Carl Schmitt, der über die „politische Stufe” von Moral, Religion und Wirtschaft schreibt. Diese wird demnach erreicht, wenn zwei gegensätzliche Positionen davon abhängen, dass die jeweils andere Position bezwungen wird. Dann bleibe nur noch das Prinzip „Der Klügere gibt nach“, indem einer seine Position aufgebe und sich dem anderen wider besseres Wissen unterordne.

EYUC2013_Check_FRA-ITA-Junior-WomenDas Betrügen im Ultimate führt ihm zufolge zu einem solchen Nullsummen-Ansatz. Seinem Einwand, gegenüber einem offensichtlich unberechtigten Call aus Einschüchterung keinen Einspruch („Contest“) zu erheben, kann ich nicht ganz folgen. Allerdings würde es sicher schwierig werden, den überzeugten Cheater von seinem fraglichen Call abzubringen.

Dennoch gibt es gelegentlich solche sonderbare Situation, dass ein Gegenspieler einen nicht nachvollziehbaren Call macht (und damit das Spiel unterbricht aus Gründen, die aus meiner Sicht nicht nachvollziehbar sind). Die Erinnerung daran kann einem den Schlaf rauben, weil man angesichts dessen beinahe sprachlos ist. In engen Situationen wird etwas gecallt, das den Ausgang des gesamten Spiels beeinflussen kann.

Natürlich geht es zuerst einmal darum herauszufinden, wie unterschiedlich die Sicht eines anderen Spielers auf ein- und dieselbe Situation sein kann, ohne von vorne herein zu unterstellen, dass der Gegner die Regeln brechen wollte. Und dabei sollte man sich keineswegs einschüchtern lassen, auch wenn der besagte Gegenspieler als besonders aufbrausend bekannt ist. Die Behandlung eines Calls ist dennoch eine rationale Situationsanalyse.

EYUC2013_Verhandlung_GBR-FRA-Junior-OpenDer Gegner sollte dem Autor zufolge durch Befolgen des vorgegebenen Vorgehens dazu gebracht werden, seinen Call als Ausdruck seines eigenen Images zu begreifen (quasi: „seine Rufe begründen seinen Ruf“). Darum ist es immer auch hilfreich, die vorgesehene „Verhandlung“ eines Calls für alle nachvollziehbar möglichst öffentlich zu gestalten. Falsch wäre es auf jeden Fall, den Gegner als Betrüger zu bezeichnen. Die Unschuldsvermutung wird vorausgesetzt. Auf eine persönliche Attacke würde jeder emotional und ablehnend reagieren.

Unter Anderem folgende Punkte gilt es zu beachten

  • Es ist stets ratsam, sich nur an die erlebten Handlungen zu halten und nicht an die möglicherweise dahinter liegenden Motive.
  • Weiter ist die unverzichtbare Voraussetzung, um selbst als Schiedsrichter von Handlungen im Spiel agieren zu können, die umfangreichen Regeln zu kennen und immer noch besser kennen zu lernen.
  • Dazu ist die erste Vorgabe ruhig zu bleiben (gemäß der englischsprachigen Eselsbrücke „BE CALM“, auf deutsch die „D.E.N.K.E.N.-Regel“), deinen Ruf laut und klar vorzubringen und am besten dabei das passende Handzeichen zu benutzen. Die eigene Haltung sollte möglichst frei von Emotionen bleiben, ohne ein Lächeln der Überheblichkeit ebenso wie ohne das Lachen der Verzweiflung.
  • Dann ist es wichtig festzustellen, ob eine fehlende Übereinstimmung bezüglich der Handlung (z.B. Foul oder Out) oder bezüglich der darauf anzuwendenden Regel herrscht. Eine Rückversicherung kann helfen: „Du bist also der Meinung, dass…?“ – und am besten forderst du den Gegner dann zu einer kurzen Antwort auf.
  • Denn: Laut WFDF Anhang zu den Regeln soll eine Spielunterbrechung innerhalb von nur 15 Sekunden gelöst werden. Andernfalls sind die Captains hinzuzuziehen, die ebenfalls gelernt haben sollten, als neutrale Vermittler den Fortgang des Spiels voranzutreiben: WFDF Appendix „A5.7.1: After fifteen (15) seconds, if the call is not resolved, the captains will step in.“

Vor diesem begrenzten Zeithorizont nehmen sich die zehn Tipps von Martin Gottschalk ein wenig übertrieben aus. Aber er stellt auch selber klar, dass nicht alle Punkte einzeln durchgegangen werden sollten. Sondern jede Spielerin und jeder Spieler müsse für sich herausfinden, wie sie oder er am besten mit einer solchen Situation zurecht kommen kann.

Falls ein Gegenspieler einen offensichtlich unangebrachten Call zurücknimmt, ist es ebenfalls ratsam, keine Genugtuung zu zeigen, sondern eher Anerkennung und Freude über die Zusammenarbeit. Im Endeffekt, hält Martin Gottschalk fest, ist eine verbesserte Kommunikation eine Hilfe für beide Seiten. Auch seine Anmerkung, dass die Verantwortung für Fairplay nicht „aufgeteilt“ wird, sondern sich vielmehr multipliziert, finde ich sehr schön und zutreffend. Sein soziopolitischer Ansatz ist, dass er möchte, dass das Verhalten des Betrügens aus dem Spiel herausgehalten wird, die betreffende Person aber (als geläuterte) dabei bleibt.

EYUC2013_Spiritkreis_SWE-BEL-Junior-OpenIn eine ähnliche Richtung geht auch mein Punkt, dass der „Spirit of the Game“ nicht nur eine Vereinbarung und Ehrenkodex ist, sondern gleichzeitig eine sehr konkrete Anleitung zur Kommunikation, die im Sport ebenso wie im Berufsleben viele Vorteile mit sich bringt. Betrüger haben nur eine Chance sich im Sport Ultimate einzunisten, wenn sie auf Schwäche und auf Unkenntnis der Regel und des Verfahrens stoßen.

Zuletzt wird auch der Spirit Circle beider Teams am Ende des Spiels als gutes Instrument dafür genannt, um behutsam Lernfähigkeit oder Beratungsresistenz anzusprechen. Eine offene Haltung in der Ansprache hilft, ohne Absichten zu unterstellen oder einzelne anzugreifen.

Hurra..es gibt bislang 2 Kommentare ;)

#1

Ich empfehle Ultimate, es gibt am besten. Selbstverständlich spielt ehrlich. Suchen ein Mitspieler? hier

Rudolf geschrieben am 20. Februar 2015 - 05:44
#2

Dito. Ich empfehle auch Ultimate. Aber ehrlich spielen hey.. Das ist ein MUSS für jeden Sportler, keine Frage. Es gibt nichts unsportlicheres als Unsportlichkeit. ;P

Gruß,
Sebastian

Sebastian geschrieben am 12. März 2015 - 16:00
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