post Kategorie: Spirit of the Game post Kommentare (2) post21. Oktober 2012

Charlie Eisenhood führt auf Ultiworld die Diskussion über den künftigen Einsatz und die Rolle von Observern im Ultimate fort. Dabei bezieht er sich einerseits auf das Protokoll von der Hauptversammlung des Weltscheiben-Flugverbandes WFDF am Rande der Ultimate-WM im Juli im japanischen Sakai. Andererseits geht er damit auf die laufenden Diskussionen um die Rolle von Observern ein, die durch die Veröffentlichung des neuen Sechsjahres-Strategieplans des US-Verbandes USA Ultimate entfacht wurden.

Charlie Eisenhood fasst die Ergebnisse der Diskussion zusammen, die über zwei Tage auf dem WFDF-Kongress unter dem Titel “Observers, Referees, and the AUDL: Is it Ultimate without the Spirit of the Game?” geführt wurde. Wie auch schon hier mehrfach erwähnt, hält WFDF an seiner Position fest: Keine Observer, keine Schiris. WFDF-Präsident Robert „Nob“ Rauch erklärte verschiedentlich, dass es sich bei der Selbstregulierung um einen wesentlichen, diese Sportart definierenden Aspekt und die beste Möglichkeit zum Branding handelt: ”It really is a core element of what makes Ultimate as great as it is.”

In dieser Ansicht unterstützen ihn weit mehr als die Hälfte der Nationenverbände, die – befragt auf die AUDL – sagen, dass sie doch besser die Regeln des Sports beibehalten hätte (mehr als 60 %. Immerhin knapp die Hälfte gab an, dass die Einführung der AUDL dem Sport grundsätzlich gut getan habe). Sogar mehr als ¾ der Teilnehmer an der Umfrage stimmten der Aussage zu, dass Ultimate ohne den Spirit of the Game nicht mehr Ultimate sei.

Dabei wurde in den erstmals nieder gelegten Regeln an der Columbia Highschool 1968 der Einsatz von Schiris vollkommen akzeptiert! Nur wenn keine Schiris verfügbar seien, sollten die gegnerischen Teams auf der Grundlage eines Ehrenkodexes spielen. Zitiert wird, dass Strittigkeiten durch einen Münzwurf oder Ähnliches beigelegt werden sollten: „settling disputes by flipping a coin or by some other such method.” Vergleiche das Buch “ULTIMATE–The First Four Decades” von Tony Leonardo und Adam Zagoria (Los Altos, USA 2005) oder meinen DFV-Artikel.

Da sind wir heute, nach fast fünfundvierzig Jahren des praktizierten Sports in einer zunehmenden Anzahl an offiziellen Ligen, doch schon einen wesentlichen Schritt weiter. In nationalen und internationalen Meisterschaften funktioniert das SOTG-System ganz überwiegend (Ausnahmen bestätigen die Regeln). Natürlich gibt es – in verschiedenen Ländern und bei verschiedenen Gelegenheiten – Abweichungen vom SOTG wie in Paragraf 1 der WFDF-Regeln festgeschrieben. Und es ist darüber zu diskutieren, ob und wie das geforderte Selbstverständnis, die Einstellung und die praktizierte Haltung der Spieler auf dem Feld durchgesetzt werden können.

AUDL-Präsident Josh Moore gibt als Vorzug des Schiedsrichter-Systems an, dass sich die Spieler dabei ganz aufs Spielen konzentrieren könnten. Dieses Argument halte ich für absurd, da das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit und der Selbstverpflichtung zur Wahrheitsliebe damit untergraben wird. Die „Integritäts-Regel“ der AUDL, wonach ein Spieler einen falschen Schiri-Entscheid zu seinen Gunsten überstimmen darf, ist dann ebenso lächerlich. Denn die Spieler werden durch Schiris wie in anderen Sportarten dazu angehalten, sich zu beschweren, zu schauspielern oder kleine Regelverstöße möglichst unentdeckt zu begehen – anstatt das Spiel selbst zu regulieren.

Das alles ist daher absolut kontraproduktiv. Dass er sich nicht schämt zu behaupten, durch diese Regeländerungen könne sich ein größerer Sportsgeist entwickeln als zuletzt gezeigt! Zutreffend ist allerdings Moores Punkt, dass überlange Diskussionen bei strittigen Fragen den Spielfluss unterbrechen und die Attraktivität des Sports schmälern.

Beide Punkte – Durchsetzen der Regeln auf Basis Selbstregulierung und Durchsetzen der Zeitfristen und anderer geforderter Standards – ließen sich nach meiner Auffassung durch Observer realisieren. Der CEO von USA Ultimate, Tom Crawford, erläuterte beim WFDF-Kongress die Vorteile von Ultimate-Spielen mit Observern, die er als wesentliches Instrument zum Erreichen des SOTG und einer größeren Zuschauerfreundlichkeit bezeichnet (“The Observer system is a major tool for achieving SOTG and for ensuring that the game is spectator-friendly and appropriate for television.”).

USAU möchte den SOTG für seine Spieler umsetzen („make SOTG “real” for today’s players“), kann jedoch – auch nach einer zweitägigen Klausurtagung – noch keine einheitliche Definition dafür finden. Das ist in meinen Augen ein zentrales Aufgabengebiet, womit ich mich auch im Deutschen Frisbeesport-Verband derzeit verstärkt beschäftige. Der Einwand von Simon Hill von UK Ultimate, der für das WFDF SOTG-Komitee die Schwierigkeit ins Feld führte, geeignete Kandidaten für Observer zu finden, ist momentan zutreffend, sollte künftig aber kein Hindernis darstellen, wenn diese Option tatsächlich gewünscht würde. Die Aktionen der Spieler für das Publikum zu kommentieren, ist sicherlich ein guter Punkt, dazu plädiere ich auch zur Nutzung der WFDF-Handzeichen, die Rufe und Unterbrechungen weithin sichtbar verdeutlichen.

Die Frage, ob sich der Sport Ultimate von einer Spielerorientierung hin zu einer Zuschauerorientierung bewegt, ist für mich nicht zentral. Vielmehr fehlt mir (als ehemaliger Spieler mit einiger Regelkenntnis) bei vielen Top-Spielen die Möglichkeit zu verstehen, was gerade auf dem Spielfeld passiert ist. Sogar als Moderator bleibt mir oft nicht mehr als eine Vermutung zu äußern: „Offenbar ein Foul-Call“, „Vermutlich ein Pick-Call“, „Der Spieler scheint ausgezählt worden zu sein.“ Das ist nicht nur für außen stehende Besucher unbefriedigend, sondern es beeinträchtigt sogar die Stimmung innerhalb der Teams und stellt aus meiner Sicht eine unzureichende Kommunikations-Situation dar. Daher bin ich der Überzeugung, wie ich hier schon einmal schrieb: Handzeichen und Observer ergeben Sinn!

Hurra..es gibt bislang 2 Kommentare ;)

#1

[…] zum Teil mit Schiedsrichtern in den USA, 2) über die Diskussion des Weltverbandes, ob Ultimate ohne den Spirit of the Game derselbe Sport ist, 3) zu Spielbeobachtern (Observer) und Handzeichen und ihren Funktionen sowie 4) […]

#2

[…] Aktuell führt der Flugscheiben-Weltverband WFDF (World Flying Disc Federation) erstmals eine Umfrage unter der globalen Disc Sport Community durch. WFDF-Präsident Robert „Nob“ Rauch erhofft dadurch demografische Informationen zu erhalten, die sich für die weitere Bewerbung der Discsportarten eignen, sowie Meinungsbilder zu aktuell diskutierten Fragestellungen, wie der Frage nach dem Für und Wider von Observern und Schiedsrichtern. […]

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