Im Sport Ultimate Frisbee sind die Beteiligten auf ein festgelegtes Fairplay-Verhalten angewiesen, da der Teamsport seit seiner Entstehung vor bald 50 Jahren ohne externe Schiedsrichtende auskommt. Dabei hängt das Funktionieren dieses Vorgehens von der Bereitschaft aller  Mitspielenden ab, sich an die Regeln zu halten. Diese lassen sich als Ehrenkodex bezeichnen und verlangen ein hohes Maß an Integrität. Was aber tun wir, wenn sich schwarze Schafe bewusst darüber hinweg setzen?

Die Frage nach dem Aufzeigen und Setzen von Grenzen ist in verschiedenen Workshops zum Spirit of the Game aufgekommen, die ich im Monat Februar mit verschiedenen Gruppen durchgeführt habe. Sie erweist sich gerade im ambitionierten Spiel und auch im internationalen Umfeld als teilweise entscheidend, wenn stark unterschiedliche und fragwürdige Auffassungen über die Interpretation der Ultimate-Regeln vorliegen oder vorgelebt werden.

Dabei sind die Regeln an jeder Stelle sehr unmissverständlich (s. Tabelle unten). Und dennoch bestehen zahlreiche Möglichkeiten (all zu menschliches) Fehlverhalten an den Tag zu legen – ohne dafür Sanktionen befürchten zu müssen. Daher folgt unten eine kurze Übersicht, wie die Kette der Verantwortlichkeiten im Ultimate in etwa vorgesehen und geregelt ist. Ich habe mich auch in meinem Blog reizwort.de schon mehrfach mit dieser Frage beschäftigt.

Folgende Ideen kamen in vergangenen Workshops auf. In Braunschweig besprachen wir am 5. Februar mehrere Situationen im Rahmen des Workshops „Keine Fouls – keine Gewalt“. Sehr gut fand ich dort, dass auch Foul-Situationen aus dem Alltag (im Bus oder im Straßenverkehr) thematisiert wurden. In einer Ultimate-Situation ging es konkret darum, dass eine Person im Scheibenbesitz hoch angezählt ist. Sogar oder gerade in ambitionierten Spielendenkreisen kursiert hier die Option mit einem langen Wurf „ein Foul zu ziehen“, um nicht ausgezählt zu werden. Der oder dem Markenden ist da nur zu empfehlen, ab Zählzahl sieben einen Schritt zurück zu gehen.

Eine andere nicht regelkonforme Ultimate-Situation war hier nach einem vollständigen Pass der Offense, dass die oder der Markende anstatt sich möglichst schnell vor der oder dem Gegenspielenden zu positionieren, im Auslaufen bewusst diese oder diesen rempelt, um sie oder ihn vom schnellen Anschlusspass abzuhalten. Selbst, wenn ich als gefoulte Person an dieser Stelle bereits einen weiteren vollständigen Pass gespielt hätte, wäre es unerlässlich der oder dem Markenden anschließend deutlich zu sagen: So nicht noch einmal!

Beim Workshop „Fairplay – Eine Frage der Perspektive“  am 16. Februar in Düsseldorf wurden drei Grundlagen zur verbesserten Kommunikation behandelt, von Paul Watzlawick (die Konstruktion unterschiedlicher Wirklichkeiten), von Marshall B. Rosenberg (gewaltfreie Kommunikation, hier v.a. die Ich-Perspektive) und von Friedemann Thun-von Schulz (das Vier-Ohren-Modell). Eine Idee war, ob etwa Kurzformen dieser drei Namen als Codewörter geeignet sein könnten, in einer strittigen Situation sich auf die jeweilige Grundlage zu besinnen (hier bezogen auf die Dialogbereitschaft).

In solchen Situationen offenbaren sich die Grenzen des Grenzen-Ziehens im Sport Ultimate, trotz seiner Konzeption als Ehrenkodex und der Konsistenz-Forderung, Regeln gleichbleibend auszulegen (§ 1.3.7). Wir haben die Möglichkeit, nach jedem Punkt an der Seitenlinie Dinge anzusprechen – abhängig von der Bereitschaft der Gegenspielenden dies zu tun. Wir haben die Möglichkeit, über Captains und Spirit Captains auf offizieller Ebene den Dialog zwischen den Teams zu suchen und dabei insbesondere auf den Paragrafen 1.7 zu verweisen – die Verantwortung der Teams für ihre Mitspielenden.

Darüber hinaus haben wir die Möglichkeit, Teams im Nachgang zu Partien durch (auch schriftlich begründete) Bewertungen zur Verantwortung zu ziehen, gegenüber der Turnierdirektion oder gegenüber dem national oder international zuständigen Verband. Wenn die Konzeption der Eigenverantwortung ernst genommen und beibehalten werden soll, obliegt den Verbänden die Aufgabe stärker auf ihre Mitgliedsvereine und -verbände einzuwirken und ins Bewusstsein zu rufen, dass Verstöße gegen die Fairplay-Regelung im Ultimate keine Kavaliersdelikte sind, sondern einen Bruch der Grundregel § 1 darstellen.

Bei wiederholten Verstößen gegen dieses grundlegende Verhalten und dem Versäumnis den eigenen Teams zu vermitteln, dass diese Konzeption nur auf der Basis Gegenseitigkeit funktionieren kann, sind Sanktionen aus meiner Sicht unerlässlich. Sonst erweisen sich die zuständigen Verbände als „zahnloser Tiger“.

Paragraf Wortlaut Grenze Verantwortung Sicherstellung
1.1 Alle Spielenden sind dafür verantwortlich, die Regeln zu befolgen und deren Einhaltung zu überwachen. Ultimate beruht auf dem Spirit of the Game, der die Verantwortung des Fair Plays jeder Spielerin und jedem Spieler überträgt. Regeln nicht zu kennen, sich nicht für das Durch-setzen einsetzen alle Spielenden die Teams
(§ 1.7)
1.3 Spielende müssen

1.3.1. die Regeln kennen;

Regeln nicht zu kennen alle Spielenden National: Teams International: WFDF-Regel-akkreditierung
1.3 Spielende müssen 1.3.2. aufrichtig und objektiv sein;

1.3.3. ehrlich sein;

1.3.4. ihren Standpunkt kurz und klar darstellen;

1.3.5. den Gegenspielenden eine angemessene Chance zum Sprechen ermöglichen;

1.3.6. Unstimmigkeiten schnellstmöglich und mit respektvoller Ausdrucksweise lösen;

Nicht dialogbereit zu sein alle Spielenden die Teams
(§ 1.7)
1.3 Spielende müssen 1.3.7. im Verlaufe einer Partie Calls in gleichbleibender Weise machen; und 1.3.8. einen Call nur machen, wenn der Regelverstoß bedeutend genug ist, um das Resultat der Aktion zu verändern Gebot der Konsistenz (gleich blei­bende An­wendung) und Angemes­senheit alle Spielenden die Teams
(§ 1.7)
1.4 Hoher kämpferischer Einsatz wird gefördert, sollte aber niemals auf Kosten des gegen­seitigen Respekts zwischen den Spielenden, des Festhaltens an den vereinbarten Spiel­regeln oder der Freude am Spiel gehen. Respekt-losigkeit, „Spielver­derbertum“ alle Spielenden die Teams
(§ 1.7)
1.7 Die Mannschaften sind Hüter des Spirit of the Game, und müssen:

1.7.1. Verantwortung dafür übernehmen, ihren Spielenden die Regeln und guten Spirit zu vermitteln;

1.7.2. Spielende disziplinieren, die schlechten Spirit zeigen.

 

teaminterne Verstöße gegen § 1, Grundregel Ultimate die Teams die Verbände
1.7 Die Mannschaften sind Hüter des Spirit of the Game, und müssen 1.7.3. anderen Mannschaften konstruktive Rückmeldungen geben, wie sie ihre Befolgung des Spirit of the Game verbessern können. Gegnerische Verstöße gegen oder zweifelhafte Auslegung des § 1, Grundregel Ultimate die Teams die Verbände

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