Die toll inszenierte Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele 2012 in London hat auch die Frage nach der Bedeutung des größten Sportfestes der Welt berührt. Die mediale Aufmerksamkeit ist größer denn je, Völkerverständigung und friedensstiftung stehen im Mittelpunkt. Natürlich würden daher auch andere Sportarten gerne dabei sein. Wenn ich mich nicht irre, werden in vier Jahren in Brasilien erstmals Rugby und Golf olympische Disziplinen werden. Doch für den Flugscheibensport – insbesondere Ultimate Frisbee mit seinem „Spirit of the Game“ – ist es noch ein sehr weiter Weg nach Olympia, wenngleich sich in den Pressestimmen zur Eröffnungsfeier beste Argumente für die Aufnahme von Ultimate in den olympischen Kanon finden lassen.
Der Tagesspiegel vergleicht die aktuelle Ausrichterstadt London mit der vor vier Jahren, Peking: „Das Raumschiff Olympia hatte kurz Station gemacht und war dann wieder weggeflogen. Da kann den Spielen nichts besseres passierenm als in einer Metropole zu Gast zu sein, die mit ihrer Leidenschaft für den Sport, ihrer Lebensart des gegenseitigen Respekts und ihrem Sinn für Fairness das größte olympische Dorf der Welt ist.“
Der Text klingt wie ein Bewerbungsschreiben für den Endzonensport Ultimate, der mit seiner Selbstregulierung ebenfalls das beste Beispiel abgibt für „Leidenschaft für den Sport“, eine „Lebensart des gegenseitigen Respekts“ und einen ausgeprägten „Sinn für Fairness“. Beides, der gegenseitige Respekt und die Fairness, sind im Paragrafen 1 der Regeln festgeschrieben als „Spirit of the Game“. Ich habe schon mehrfach darauf hingewiesen, dass es nur fünf Sportarten gibt, die die Fairness explizit in ihren Regeln verankert haben. Ultimate ist der einzige Sport, der dazu konkrete Handlungsanwiesungen gibt. Neben Tchoukball, Curling und Tischtennis ist übrigens auch Golf eine dieser fünf Sportarten, die ebenfalls vom „Spirit of the Game“ spricht.
Ähnlich deutlich wird das Hamburger Abendblatt, das London als den idealen Platz für Olympia beschreibt: „Olympia zeigt Wege auf, wie die Welt friedlicher werden könnte: durch Begegnungen, gespräche, durch dieses streitende Miteinander im Wettkampf, das zwar Gewinner und Gescheiterte herviorbingt, …aber trotz aller gewollten Gegensätze keine Feindschaften schürt.“ Anschließend wird Großbritannien gelobt als das Gastgeberland, „das einst das Fairplay als Haltung schuf: Achtung und Respekt vor dem gegner, die über die Einhalktung sportlicher Regeln hinausgehen.“
Auch hier finde ich die Übereinstimmung mit den Ultimate-Regeln erstaunlich, wo es im Paragfen 1, Punkt 4 wörtlich heißt: „Hoher kämpferischer Einsatz wird zwar gefördert, darf aber niemals auf Kosten des gegenseitigen Respekts, des Festhaltens an den vereinbarten Spielregeln oder der Freude am Spiel gehen.“ In diesem Sinne habe ich immer auch die kleinen Zeltdörfer bei Ultimate-Turnieren als reinste olympische Dörfer erlebt.
Diese innere Haltung (genau das ist gelebtes Fairplay als „Sportsmanship“) ist bei Ultimate-Spielern weltweit verbreitet, zumal es sich bei dem regelwerrk ausdrüpcklich um einen Ehrenkodex handelt, dem sich die Spieler freiwillig unterwerfen. Zudem verpflichten sie sich, die Regeln zu studieren, um überhauopt dazu in der Lage zu sein, eigenverantwortlich eine Selbstregulierung des Spieles ohne externen Schiedsrichter zu gewährleisten. Der Flugscheiben-Weltverband (World Flying Disc Federation, WFDF) strebt übrigens bis 2013 eine Anerkennung durch das IOC (Internationales Olympisches Komitee) an, die auch erreicht werden sollte, falls kein formaler Fehler begangen wird.
Doch damit Ultimate mit seinen olympischen Werten die ultimative olympische Disziplin werden könnte, müsste zuvor eine andere Disziplin weichen, da der immense Umfang der Spiele nicht noch ausgeweitet werden soll. Bis dahin ist Ultimate immerhin Medaillendisziplin der World Games, der Weltspiele der nicht-olympischen Sportarten. Für 2013 in Cali, Kolumbien, wurde Ultimate aufgrund seiner praktizierten Regeln sogar zur Botschafter-Disziplin des Fairplays ausgewählt.
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