post Kategorie: Teambuilding post Kommentare (2) post7. Juni 2012

Hierarchie sorgt für eine Hackordnung und diese für Produktivität, lautet kurz gefasst das Ergebnis einer Studie, die im Fachjournal „Psychological Science“ erschienen ist. „The path of glory is paved with hierarchy“ so die Überschrift der Kurzfassung, deren Inhalt in einem Kurzbeitrag der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung auf das Teambuilding im Sport bezogen wird.

Der zitierte Ausspruch stammt übrigens vom früheren Borussia Dortmund-Stürmer Lothar „Emma“ Emmerich und steht für einen starken Einsatz- bzw. Siegeswillen. Um auf die Studie des Psychologe Richard Ronay zurückzukommen, so legt das Ergebnis nahe, dass Gruppen, in denen eine klare Hierachie besteht, gemeinsame Aufgaben offenbar besser lösen kann. Die FAS bezieht diese Aussage – kurz vor Start der Fußball-EM – auf Aussagen von Fußballtrainern, die größten Wert auf die Homogenität innerhalb ihres Teams legen.

Der (ausführlich bei alltagsforschung.de) beschriebene Versuch wurde mit drei Gruppen durchgeführt, deren Mitglieder auf hohe Macht, geringe Macht bzw. zu gedanklicher Neutralität gepolt wurden. Dreierteams mit Teilnehmern einer bzw. verschiedener Gruppen erhielten die Aufgabe aus 16 Buchstaben erst alleine Wörter zu bilden und dann gemeinsam aus den Wörtern ganze Sätze. Angersichts der nötigen Kooperation im zweiten Schritt zeigte sich, dass die gemischten Teams weit besser abschnitten als diejnigen, die nur aus „Alphatieren“ oder „machtneutralen“ Mitgliedern bestanden.

Der Psychologe Ronay fasst zusammen, dass gut funktionierende Teams sowohl Anführer als auch Mitläufer benötige, sonst würde die Zusammenarbeit leiden. Dann wäre für mich die weiterführende Frage, ob jede Hierarchie nach demselben Drucksystem, sprich Repressalien arbeiten muss? Auch in der deutschen Nationalelf wird gerne von so genannten „Leadertypen“ gesprochen (Neuer, Lahm, Schweinsteiger), Spieler, die durch ihre mentale Stärke und ihr gefestigtes Auftreten die anderen mitreißen können.

Ich glaube vielmehr, dass es sich – ähnlich wie in der agilen Software-Entwicklung oder im lateralen Management – um verschiedene Rollen handelt, die einzelne Personen in verschiedenen Gruppen einnehmen sollten. Einmal bist Du ein Projektleiter, einmal bist du ein Prozessbeobachter, einmal bist du ein kreativer Entwickler von Lösungen und einmal vielleicht nur jemand, der unterstützende Arbeiten am Rande leistet (sei das recherchieren, sei das Kaffee kochen im Büro oder Wasser tragen im Sport).

Das Studienergebnis soll nun aber als Plädoyer für Hierarchie dienen. Bei einer klaren Machtverteilung strengen sich die einzelnen Gruppenmitglieder offenbar mehr an. Was mich allerdings an der Aussage stört, ist vor allem das Wort „Hackordnung“ – in Analogie zum Hühnerstall. Menschen sollten anders als Tiere durch ihr reflexives Bewusstsein durchaus dazu in der Lage sein, ihre Position zu erkennen und eine Rolle selbstbestimmt einzunehmen.

Unter anderem aus diesem Grund empfehle ich den Sport Ultimate Frisbee, bei dem auf der Basis des eigenen Vermögens und der Selbsteinschätzung genau wie in anderen Teamsportarten Rollen eingenommen werden und die Eigenverantwortung dennoch sehr hoch gehalten wird.  Ich ziehe den Sport gerne als ein gutes Beispiel für laterale Führung heran. Klare Rollenverteilung und flache Hierarchien sollten uns nicht daran hindern, uns auf Augenhöhe zu begegnen. Dazu dienen ein einfaches, gemeinsam vereinbartes Regelwerk als eine Art “Ehrenkodex”, der es allen Beteiligten ermöglicht, fair miteinander umzugehen und bei strittigen Situationen für eine Schlichtung und eine Fortführung der Handlungsfähigkeit zu sorgen.

Hurra..es gibt bislang 2 Kommentare ;)

#1

Hallo, so sehr ich einerseits JBs Plädoyer für Ultimate als Teamsport unterstützen möchte, so sehr ärgere ich mich andererseits über solche „Studien“ und deren Medienecho:

Ein ums andere Mal wird da eine Handvoll Freiwilliger auf dem Campus oder in der Fussgängerzone eingesammelt, um dann einen Nachmittag lang gemeinsam oder gegeneinander Aufgaben auf Vorschulniveau zu lösen.

Motivation ist – je nach Finanzierung der Studie – Geld, ein warmes Mittagessen oder auch nur ein warmer Händedruck. Daraus werden dann umfassende Aussagen über Teamstrukturen im Sport und in der Arbeitswelt abgeleitet.

Ich hab mich im Sport und wie auch bei der Arbeit (Stichwort Softwareentwicklung) durchaus mit dem Thema beschäftigt, aber solch ein Feuilletonartikel über eine Studie, bei der erst den Probanden erst ein Bisschen „Macht“ suggeriert wird, um sie dann Buchstabensuppe sortieren zu lassen, wird der Problematik weder in meinem Arbeitsumfeld noch beim Teamsport Ultimate auch nur ansatzweise gerecht.

Bei beidem hat man es z.B. meist mit deutlich unterschiedlichem Engagement zu tun, meist auch mit unterschiedlicher Motivation. Interessant ist auch oft das Zustandekommen eines Teams – Absicht oder Zufall, „alte Hasen“ oder „frisches Blut“? Vom Umgang mit Komplexität, Zeitdruck, Meinungsverschiedenheiten und Frustration ganz zu schweigen.

Ich würde hier stattdessen mal einen Aspekt am Teamsport Ultimate Frisbee betonen (alle die mich kennen, gähnen jetzt herzhaft), den ich stets faszinierend fand: Man kann einen Punkt nicht mit einer Einzelaktion erzielen. Es ist unmöglich, sich „das Ding zu schnappen, über den ganzen Platz zu sprinten und es unhaltbar in den Winkel zu hämmern.“

Ja, dadurch ist Ultimate auch statischer, als Fussball, Handball, Hockey oder Basketball, aber es eben auch im Kern kooperativ. Der beste Cut bringt nichts ohne Passgeber und der beste Pass bringt nichts ohne Receiver.

Aus ganz individuellen Gründen gefällt mir das, auch wenn ich keine Studie zitieren kann, die daraus irgendetwas herleitet.

Armin geschrieben am 13. Juni 2012 - 10:23
#2

Hi Armin,
vielen Dank für die ausführliche und interessante Antwort!
Der Aspekt des Teamspiels gefällt mir auch sehr gut. Bei meiner Beschäftigung mit Ultimate auf dieser Seite geht es mir darum, immer wieder neue Ansatzpunkte zu finden, anhand derer ich den Bezug zum Frisbeesport herstellen kann. Dein Einwand bzgl. solcher Studien ist berechtigt, dennoch sind mir auch diese Aussagen willkommen.
Bzgl. Deines Hinweises zum Teamplay habe ich hier schon mehrfach die „Gleichung“ aufgestellt, was – zusammen genommen – das Besondere an Ultimate ist. Demnach komme ich auf vier Aspekte, die für mich erst zusammen das Einzigartige ausmachen, darunter auch der Teamspiel-Gedanke:

FLIGHT OF THE DISC +
SPIRIT OF THE GAME +
CONTINOUS TEAM PLAY +
MIXED GENDER PLAY =
ULTIMATE FRISBEE

Jörg Benner geschrieben am 13. Juni 2012 - 10:51
Du kannst eine Nachricht hinterlassen, oder einen trackback auf deine Seite setzen

Schreib dein Kommentar

Du musst eingeloggt sein um ein Kommentar zu veröffentlichen.

Lokalisiert ins Deutsche von Hashi..Hashi's Blog