Der v.a. in Sachen Frisbeesport sehr ereignisreiche Monat November hat mit einer Horizont erweiternden Veranstaltung begonnen: Die Teilnahme am ersten Seminar der Trainerausbildung des künftigen, bislang 20-köpfigen Lehrteams des Deutschen Frisbeesport-Verbandes in Darmstadt. DFV Bildungsvorstand Ralf Simon hat das zweitägige Seminar sowohl in theoretischen als auch praktischen Belangen mit großer Kompetenz und Souveränität durchgeführt.
Los ging’s bereits am Freitagabend am Institut für Sportwissenschaft (IfS) der TU Darmstadt mit der Vorstellung des Curriculums und der Gründung eines Discsportarten übergreifenden Ausschusses. Dieser hat die Aufgaben, die Module für alle künftigen Trainerlizenzen inhaltlich weiterzuentwickeln als auch Kriterien zur Auswahl künftiger Lehrteamer festzulegen. Weiterhin wird es neben den eigentlichen Seminaren um die Entwicklung einer Kostenstruktur für die künftige Durchführung und die von Lehrstandards für verschiedene Altersklassen gehen, aber auch um die Kooperation mit Nationaltrainern und die Lehrteamfortbildung.
Gemäß den Vorgaben des DOSB, dem der DFV mittelfristig beitreten möchte, werden Lizenzierungen erarbeitet, die für C-Trainer 120 Unterrichtseinheiten (à 45 Minuten) vorsehen, für B-Trainer weitere 60 UEs und für A-Trainer weitere 90 UEs. Die Hälfte des ersten Lehrgangs bezieht sich auf alle drei angestrebten Lizenzierungen mit den fachlichen Ausrichtungen Ultimate, Disc Golf und Frisbeesport Breitensport. In der Definition dieser Schnittmenge lag unter den Experten der verschiedenen Frisbeesportarten das größte Diskussionspotenzial.
Oft genug tappten wir in theoretischen und in praktischen Überlegungen in die „Expertenfalle“, indem Ultimater, Disc Golfer und auch Freestyler immer schon an die auf ihre Sportarten bezogenen Anwendungen dachten. Insofern galt ein wichtiger Teil des Kurses (vermutlich nicht ganz so geplant, aber sehr wertvoll) der Findung von Gemeinsamkeiten und der Überwindung von Vorurteilen. Bestes Beispiel waren Grundwürfe, die vorrangig mit Ultimate-Scheiben durchgeführt wurden. Für den Ultimater ist der Grundwurf meist mit einem Ausfallschritt versehen, für den Disc Golfer dagegen spielt entweder die lange gerade Ausholbewegung (beim „Abziehen“) oder aber ein rotationsarmer „Heber“ (beim Putten) eine viel größere Rolle.
Letztlich konnten jedoch Grundlagen gefunden werden, die jeden Wurf ausmachen: Es handelt sich beim ersten Erlernen ganz vorrangig um eine Handgelenksaktivität, die schrittweise mit Bewegungen des Unterarms, der Schulter und des Rumpfes ergänzt wird. Ein echtes Aha-Erlebnis dann bei der Bearbeitung des ersten Abschnitts Regelkunde: Der „Spirit of the Game“, wie im Paragraf 1 der Ultimate-Regeln beschrieben, trifft zu weiten Strecken eins zu eins auch auf Disc Golf und auf Freestyle zu! Wie ich im Beitrag für die Verbandsseite schreibe, hat diese Einsicht eine geradezu Identität stiftende Qualität – für den Gesamtverband, aber auch für die Konvergenz der einzelnen Disziplinen.
Unter den Teilnehmern, die allesamt langjährige Experten auf ihrem Gebiet sind, befinden sich ebenso zahlreiche Sportwissenschaftler wie studierte Pädagogen. Als Geschäftsführer des Verbandes mit dem Hintergrund eines eigenen U14-Ultimateteams war ich vergleichweise weniger qualifiziert als die meisten der anderen Teilnehmer, von denen viele bereits C-Trainerscheine in anderen Sportarten erworben haben. Immerhin konnte ich mein Wissen aus dem Vereinsmanagement an der Stelle „Sportorganisation“ als Gastreferent zur Struktur des organisierten Sports in Deutschland mit dem Schaubild zur Förderung des Sports einbringen.
Allerdings waren für mich viele der Inhalte sehr neu und hilfreich, wie diejenigen Unterrichtseinheiten zu Bewegungslehre, Trainingslehre und Pädagogik. Eine C-Trainerausbildung richtet sich an Kinder- und Jugendtrainer (animiertes gif (c) by soccerdrill.de). Den Schwerpunkt auf diesen Bereich zu legen, passt hervorragend zu den aktuellen Bestrebungen des DFV durch die Gründung von Frisbeesport-Landesverbänden die regionale Koordination etwa von Schul-Vereins-Kooperationen und die Spielmöglichkeiten vor allem für Kinder, Jugendliche und Anfänger zu vergrößern.
Ich habe persönlich sehr viele neue Einsichten mitgenommen, wie:
– Gerade im Kindesalter geht es nicht vorrangig ums Gewinnen.
– Zu frühes Leistungsdenken und -trainieren sollte vermieden werden bzw. muss das Training dem Entwicklungsstand des Kindes angepasst werden.
– Eine stark monodisziplinarische Sportausbildung führt eher zum Absprung der Teilnehmer.
– Spitzenathleten im Juniorenbereich werden nur selten zu Spitzenathleten bei den Erwachsenen. Quereinsteiger mit Erfahrungen aus anderen Sportarten sind häufig erfolgreicher.
– Zur Vorbereitung auf künftigen Spitzensport sollte bei Kindern und Jugendlichen der Fokus daher auf Technik und altersangemessener Taktik liegen.
– Das wichtigste ist die Entwicklung des Einzelnen, wobei jeder seine eigene Auffassung und Lerngeschwindigkeit (sowohl theoretisch als auch praktisch) hat.
– Die Trainerpersönlichkeit folgt nicht nur einem Leitbild (das der Verband noch zu entwickeln hat), sondern versteht es auch, Informationen zu praktischen Anleitungen zielgerichtet zu reduzieren.
– Zur Pädagogik zählt auch die Bedingungsanalyse der Lernsituation mit persönlichen, situativen und normativen Faktoren.
Bereichernd für mich waren auch die ersten Kenntnisse zur professionellen Trainingsplanung mit der Umsetzung von Trainingszielen, die in Mikro-, Meso- und Makrozyklen einteilbar sind, sich im Prozess befinden, entsprechender Anpassung bedürfen und zur jeweiligen Trainingssituation passen sollten. Große Klasse war auch schon die erste praktische Einheit „Scheibengewöhnung“, bei der alle möglichen tauglichen und weniger tauglichen Wurfgeräte zum Ausprobieren zur Auswahl standen! Ebenfalls lehrreich die Hinweise zur Durchführung des Aufwärmens und Abwärmens.
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[…] der Trainerausbildung entscheidend positiv mit hinein. Es wird noch bis Ende 2013 dauern, ehe der erste Trainerlehrgang abgeschlossen ist und damit die ersten DFV-Ausbilder bereit stehen. Doch dadurch wird der […]