post Kategorie: Sportpolitik,Teambuilding post Kommentare deaktiviert für Fehler vermeiden – Fehler begehen post29. Juni 2018

Das Ausscheiden der deutschen Fußball-Nationalelf bei der FIFA-WM der Männer hat die Frage nach Fehlern aufgeworfen. Noch-Bundestrainer Jogi Löw beschwor schon nach dem Spiel gegen Schweden den Umstand, dass die Anzahl der Fehler gegenüber dem Spiel gegen Mexiko deutlich gesunken sei. Doch der Fehler lag offenbar wo anders, was mir beim Vergleich mit Ultimate Frisbee deutlich wird.

Bei der Betrachtung des höchst populären Sportspiels Fußball und des noch nicht ganz so populären Sportspiels Ultimate Frisbee fallen mehrere Unterschiede auf:

  • Im Fußball werden meist freistehende Mitspielende angespielt. Im Ultimate ist aufgrund der überwiegend engen Personendeckung ein Zuspiel nur im Zuge eines Freilaufens möglich.
  • Im Fußball verlierst du den Ball und eroberst den Ball auch wieder. Im Ultimate bedeutet ein Scheibenverlust dagegen weit schneller einen Gegenpunkt.
  • Überhaupt: Ein Fußballspiel kann schon mal 0:0 enden, oder 1:0 nach Verlängerung. Ultimate-Spiele gehen je nach Turnier auf bis zu 13 oder 15 Punkte.
  • Im Fußball bedeutet Ballbesitz, den Ball am Fuß zu behaupten, ohne ihn sich wegspitzeln zu lassen. Im Ultimate bedeutet Scheibenbesitz: Wenn ich die Scheibe gefangen habe, darf ich sie zehn Sekunden in der Hand behalten, bevor ich weiterspiele.
  • Im Fußball bedeutet das „Eins-gegen-eins“, ins Dribbling zu gehen, die oder den Gegenspielenden mit dem Ball am Fuß zu überwinden. Im Ultimate bedeutet das Eins-gegen-eins, die Defense im Laufangebot abzuhängen, respektive aus Defense-Sicht, den Offense-Pass abzufangen.
  • Im Fußball ist der Steilpass ein Risiko, der nur von exzellenten (und kreativen) Spielenden erwartet wird. Im Ultimate ist der Steilpass ein gängiges Mittel, sobald sich eine mitspielende Person durch Freilaufen (oder so genanntes Cutten) von ihrer gegenspielenden Person separieren konnte. Die in der Fußball-Berichterstattung der ARD seit dem Vorjahr bemühte „Packing Rate“ (Anzahl überspielter Gegnerinnen oder Gegner) ist im Ultimate sehr hoch.
  • Am Wichtigsten jedoch: Im Fußball bedeutet Fehler zu vermeiden, das Risiko zu vermeiden und gefahrlos zu bleiben (was das deutsche Spiel bei der Männer-WM 2018 charakterisierte). Im Ultimate bedeutet Fehler zu vermeiden, je Angriff den eigenen Scheibenbesitz zu erhalten und zum (üblichen) Punkt je Spielzug dennoch auch (kalkuliert riskante) Steilpässe zu spielen.

Vielleicht ist wirklich der Begriff des kalkulierten Risikos der Schlüssel zur Differenzierung beider Teamsportarten. Im Ultimate mit jeweils 7 Spielenden auf der Linie besteht der Kader (wenigstens bei Nationalteams) gewöhnlich aus mehr als 20 Spielenden, die allesamt zum Einsatz kommen. Bedingungen, um Spielende für Offense oder Defense aufzustellen, sind a) körperliche Fitness, b) technisches Können (um auch schwierige Pässe zu spielen) und c) taktische Disziplin, um unnötige Fehler möglichst zu vermeiden. Gegebenenfalls spielt aber auch die psychische Grundeinstellung eine entscheidende Rolle. Aus der Sicht der körperlichen Fitness und der psychischen Grundhaltung gab es in der deutschen Nationalelf vermutlich personelle Fehlentscheidungen.

Ich bezweifle nicht die körperliche Fitness des deutschen Fußball-Nationalkaders und auch nicht ihr technisches Können. Jedoch muss die taktische Disziplin – sofern sie bei der WM darin bestand möglichst Fehler zu vermeiden – und die psychische Grundeinstellung bezweifelt werden. Jedenfalls ist die deutsche Nationalelf in Russland nur selten ins Eins-gegen-eins gegangen und hat nur selten schnell nach vorne gespielt. Fehler begehen zu dürfen gehört zum Training ebenso wie zum Spiel dazu. Eine entsprechende Kultur des positiven Umgangs mit Fehlern sollte geschaffen werden. Wir müssen uns aber doch über die Tragweite von Fehlern bewusst werden.

Ballbesitzspiel ohne entsprechende Laufwege im Strafraum vom vorletzten zum letzten Pass ist im Fußball einfach nicht effektiv. Scheibenbesitzpiel ist im Ultimate jedoch immer effektiv, da jeder Spielzug mit einem Punkt endet. Und wenn es keinen Punkt für mein Team gibt, dann eben für das andere (was wie im Tennis als ein Break bezeichnet werden kann). Im Ultimate ist die Pflicht gewissermaßen den eigenen Angriff durchzubringen, die Kür ist, in der Verteidigung an der oder dem Gegenspielenden dranzubleiben und die Scheibe „zu holen“.

Resümee: Im Fußball gewinnst Du keine Spiele, wenn Du nur darauf aus bist, Fehler zu vermeiden. Im Ultimate umgekehrt gewinnst Du nur dann Spiele, wenn es Dir weitgehend gelingt, Fehler zu vermeiden.

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