Auf der belgischen Seite Get Horizontal haben die beiden langjährigen deutschen Nationaltrainer Sara Wickström und Stefan Rekitt auf englisch Einschätzungen zur Entwicklung des deutschen Ultimate gegeben. Aus Kölner Sicht ist die Betrachtung des Frauen-Ultimates besonders spannend, das durch die Trainertätigkeit von Sara auf Club- und auf Nationalteamebene entscheidend geprägt wurde und wird. Ein Beitrag zur Analyse des Open-Ultimate folgt.
Sara berichtet davon, wie das deutsche Frauen-Ultimate in den vergangenen 5 Jahren zusehends mehr Sichtbarkeit gewonnen hat. Als Nationaltrainerin war sie 2011 für den Gewinn des Europameistertitels im slovenischen Maribor verantwortlich, bei der WM 2013 in Japan wurden die deutschen Frauen bestes europäisches Team auf Rang 6. Sie war als Trainerin auch maßgeblich an den Siegen der „Woodchicas“ München 2007 und 2008 bei der europäischen Clubturnierserie EUCS (European Ultimate Club Series) beteiligt sowie an den zweiten Plätzen der „Woodchicas“ 2011 und von „U de Cologne“ 2013. Das Kölner Team gewann unter ihrer Führung zuletzt zweimal die Deutsche Meisterschaft outdoor und im vergangenen Jahr auch indoor (die diesjährige Hallen-DM entscheidet sich am 2. März in Heidelberg-Eppelheim). Als Spielerin und Trainerin seit 2005 in Deutschland aktiv, blickt sie seitdem auf eine Zunahme ambitionierter Trainingsangebote im Frauen-Ultimate.
„Als ich nach Deutschland kam, war ich etwas überrascht, wie wenig taktische Disziplin die Clubteams hatten, wie wenig auch taktische und strategische Aspekte im Training angesprochen wurden. Stattdessen fuhren die Spielerinnen jedes Wochenende auf ein Turnier.“
Heute glaubt sie, dass diese intensive „Spielkultur“ einen fruchtbaren Boden für die schnellen Verbesserungen im deutschen Spiel darstellte. Nachdem sich in Berlin (7 deutsche Meistertitel zwsichen 1995 und 2004) und München regelmäßige anspruchsvolle Trainingszeiten für das Frauen-Ultimate bildeten, kam den großen Städten auch ein vergleichsweise höherer Zulauf an Talenten zugute. Die Münchner Woodchicas wurden 2003 von Birgit Immen und Margarete „Motte“ Junkermann gegründet und bildeten zu ihrer Spitzenzeit zwischen 2006 und 2011 eine Macht im europäischen Frauen-Ultimate. Als ausschlaggebend dafür sieht Sara die Angriffstaktiken des klassischen skandinavischen „Split Stack“ und der deutschen „Isolation“ sowie sehr variable „Transition Zone“-Verteidigungen.
Der Aufstieg des Kölner Frauen-Ultimates zum ersten Meistertitel 2012 wurde durch den zeitgleichen Umzug dreier Spielerinnen von München nach Köln begünstigt (Pippa Payne, Suse Theimer und Sara Wickström). Daneben bestand das Team anfangs (2011) noch sehr jungen, und unerfahrenen Spielerinnen, die jedoch außerordentlich begeistert und leistungsbereit waren, wie die Kapitänin Helen Springer (Mixed-Nationalspielerin) und Yannicka Kappelmann (derzeit U23 Frauen-Nationaltrainerin).
Aktuell arbeitet das Team daran, seine Unbeständigkeit in der Offence aufgrund noch mangelnder internationaler Erfahrung zu beheben. Zudem ist das Team dabei weiter zu wachsen und athletisch weiter zuzulegen, was international vor allem außerhalb Europas notwendig ist. Zur Professionalisierung des Trainings holt es sich auch externe Expertise ein und arbeitet mit Sportwissenschaftlern in den eigenen Reihen zusammen. Ziele in diesem Jahr sind die Vertidigung der Meistertiel und ein achtbares Abschneiden bei der Club-WM vom 2. bis 9. August 2014 in Lecco am Comer See.
Außer den Kölnerinnen werden auch die Münchner Chicas in Lecco mitspielen. Sara erhofft sich von der erstmaligen Teilnahme zweier deutscher Top-Frauenteams an einer Club-WM positive Effekte für die Weiterentwicklung des Spielniveaus auf Club- und auch Nationalteamebene. Denn trotz des Gewinns der Goldmedaille bei der EM 2011 zeigte die WM 2012 deutlich, dass die deutschen Frauen (wenn auch nicht in Bestbesetzung angetreten) „meilenweit“ von der Klasse der Nordamerikaner und Japaner entfernt waren.
Hoffnung geben die guten Ergebnisse der Juniorinnen: Die weiblichen deutschen U17- und U20-Nationalteams wurden im Vorjahr in Köln unangefochten Europameisterinnen, die U23-Frauen erreichten auf der WM in Kanada im Vorjahr Rang 5. Indem Melanie Neunerdt und Yannika Kappelmann in der U23 dieselben Trainingsmethoden anwenden, erleichtern sie den Nachwuchspielerinnen den Übergang ins Frauen-Nationalteam. Allerdings herrschte auch in der U23 eine große, „beunruhigende“ Lücke zu den genannten Top-Nationen.
Das deutsche Frauen-Ultimate steht ihrer Analyse zufolge neuerlich vor einem Umbruch. Zu den wichtigen Faktoren bei der Weiterentwicklung zählt sie das Etablieren eines ganzjährigen Frauen-Nationalteams, das sich nicht mehr nur in Jahren eines Großwettbewerbs zusammenfindet, sowie die Weiterentwicklung kontinuierlicher, hochklassiger Trainingsangebote in weiteren Städten wie etwa Hamburg und Mainz. Das Modell, wonach eine Stadt die nationale Szene dominiert, sollte endlich überwunden werden. Zudem sucht, nach ihrem Rückzug im Vorjahr, ein Projektteam derzeit eine neue Nationaltrainerin.
Hurra..es gibt bislang 2 Kommentare ;)
[…] vorigen Eintrag hatte ich über die Entwicklung des deutschen Frauen-Ultimates auf Basis von Sara Wickströms Post auf der belgischen Seite Get Horizontal berichtet. Bereits […]
[…] geschehen, wie die frühere Frauen Ultimate-Nationaltrainerin und jetztige Kölner Trainerin Sara Wickström neulich betont hat. Für die Zukunft sind dazu unter anderem altersübergreifende Trainingstage geplant. […]