post Kategorie: Spirit of the Game post Kommentare (3) post15. Oktober 2012

In den USA besteht seit diesem Jahr mit der American Ultimate Disc League (AUDL) ein neuerlicher Versuch, Ultimate als Teamsport zu popularisieren und zu professionalisieren. Nun hat der Eigentümer, Manager und Coach der siegreichen Philadelphia „Spinners“, Jeff Snader, in einem Interview angekündigt, dass er eine eigene Profiliga in Konkurrenz zur AUDL gründen wird. Sie soll Major League Ultimate heißen.

In der deutschen Ultimate-Szene ist die Frage der Professionalisierung des schiesrichterlosen Endzonensports umstritten. Einige Athleten meinen, dass das Prinzip der Eigenverantwortung darunter leiden müsse. Die AUDL hat diesen Befürchtungen Vorschub geleistet, indem sie Schiedsrichter einführte und daneben ohne Not weitere Regeln änderte. Der US-Ultimate-Erfolgscoach Ben Wiggins bemängelte jüngst, dass es aus Marketingsicht unsinnig sei, den USP (das Alleinstellungsmerkmal) einer Sportart aufzugeben, nur um sich anderen Sportarten ähnlicher zu machen. Die Schiris verteilen bei Fouls „Yard-Strafen“ wie im American Fotoball, das „Travelling“ (ein Schrittfehler) führt zum Angriffswechsel und die Feldmaße wurden verändert (das Feld wurde im Wesentlichen verbreitert).

Das hat dazu geführt, dass die bisher eigenverantwortlichen Spieler beginnen, den Schiri anzuflehen, zu schauspielern und versteckt zu foulen. Alles Dinge, die in unserem Sport durch das Regelwerk, das ein funktionierendes Handlungskonzept darstellt, eigentlich ausgeschlossen werden. Dennoch MUSS mit einer Professionalisierung, einer Popularisierung und einer stärkeren Vermarktung der befürchtete „Ausverkauf der Werte“ nicht einhergehen. Wäre ich davon nicht überzeugt, dann würde ich als Geschäftsführer des Deutschen Frisbeesport-Verbandes sicher nicht die Bemühungen verfolgen, dass der Verband dem Deutschen Olympischen Sportbund zugehören soll (hierzu sind organisatorische und Vorgaben an Spielerzahlen zu erfüllen). Mit der neuen, am Ende des Interviews angekündigten Profiliga Major League Ultimate (MLU) haben Jeff Snader und seine künftigen Mitstreiter die Gelegenheit es besser zu machen.

Grundsätzlich finde ich es toll, dass in Nordamerika (und ggf. bald auch auf anderen Kontinenten) die kritische Masse erreicht ist, um in mehreren Ligen verschiedene Interessen zu bedienen. Wie aus den USA zu hören war, lag das Niveau der AUDL unter demjenigen der besten Top-Clubs. Dennoch fanden sich mehr als genug freiwillige Mitspieler, die sich in die Tryouts für die neu gegründeten Teams begeben haben, auch weil die Tratdition in den USA eine andere als in Europa ist. Bereits in den frühen 1980er Jahren gab es in den USA Spielbeobachter, wie im Rückblick des Verbandes USA Ultimate: „Then and now“ zu sehen ist.

Ich stehe dieser Idee nach einem Gespräch mit dem deutschen Nationalspieler Philipp Haas (Foto) nicht mehr so kritisch gegenüber wie zuvor. Philipp hatte die Gelegenheit in diesem Jahr mit einem College-All Star-Team „NexGen“ auf einer Showtour gegen die besten Clubteams quer durch die USA mitzuspielen. Er empfand die (auch auf seiner Tour) übliche Anwesenheit von Observern als bereichernd. Insbesondere  werden dadurch Diskussionen vermieden und bei „Aus“- und „Down“-Entscheidungen (ob der erste Bodenkontakt in war oder ob die Scheibe vor dem Fangen bereits den Boden berührt hatte) ist immer ein verlässlicher neutraler Dritter vorhanden, auf dessen Meinung zurück gegriffen werden KANN.

Zudem helfen die Observer durch Handzeichen (die ansonsten die Spielerschaft übernehmen müsste), Situationen auf dem Spielfeld dem Publikum gegenüber zu verdeutlichen. Und nicht zuletzt werden Fristen (zwischen den Anwürfen nach einem Punkt oder bei Auszeiten) eingehalten, was bei internationalen Meisterschaften (auch ohne Observer) ebenfalls durch die Turnierorganisation wahrgenommen wird. Der Flugscheiben-Weltverband (World Flying Disc Federation) verzichtet aufgrund des international ganz überwiegend fehleden Einsatzes von Observern ebenfalls darauf, diese vorzuschreiben. WFDF-Präsident Robert „Nob“ Rauch hat in jüngster Zeit mehrfach betont, dass die Eigenverantwortlichkeit im Ultimate mit das höchste Gut dieser dynamischen Sportart darstellt. Daran will ich ebenfalls ganz entschieden nichts ändern.

Dennoch denke ich, dass eind Professionalisierung keinen Widerspruch zu diesem Prinzip darstellt, sondern im Gegenteil die nötige Erprobung des Ernstfalls darstellt, die erst beweisen kann, ob sich der Sport und das Prinzip der Selbstregulierung auch dann bewähren, wenn es um mehr als Ruhm und Ehre (nämlich auch um Geld) geht. Ich glaube fest daran. Sonst wäre es doch nur ein schöner Traum gewesen.

Hurra..es gibt bislang 3 Kommentare ;)

#1

[…] im Widerpruch zur Idee der Selbstregulierung stehen müssen, habe ich erst jüngst in einem anderen Beitrag […]

#2

[…] der Vergangenheit habe ich hier einige Beiträge gepostet – über 1) die Entwicklung von professionellen Ultimate-Ligen zum Teil mit Schiedsrichtern in den USA 2) über die Diskussion des Weltverbandes, ob Ultimate ohne […]

#3

[…] Philipp Haas (Open-Nationalspieler von “Die 7 Schwaben” Stuttgart) zu sehen, der an anderer Stelle einige Gedanken zum Spiel mit Observern geäußert […]

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